Flechten an Bäumen: Ein Problem?

Saubere Luft ist ein großes Thema, für das Lösungen dringend gefunden werden müssen. Flechten machen es bereits vor, sie sind als sogenannte Zeigerpflanzen wahre Experten für saubere Luft mit dem Vorteil, an gesunden Bäumen und Sträuchern keine Schäden anzurichten. Die wurzellosen Flechten sind wahre Meister darin, Wasser und Nährstoffe direkt aus der Luft aufzunehmen, ihre Existenz hängt demnach unmittelbar mit der Luftqualität zusammen.

Flechten sind keine Parasiten

Flechten sind, entgegen landläufiger Meinung, keine Parasiten, auch wenn Sie diesen Eindruck durch ihren Wuchs, beispielsweise an Laubbäumen, hinterlassen könnten. Sie entziehen den Pflanzen weder Nährstoffe noch Wasser, sind jedoch Liebhaber saurer oder stark basenreicher Rinden, wie sie beispielsweise von Fichten, Birken, Nussbäumen oder Holunder zur Verfügung gestellt werden.
Ihre geringen Stoffwechselansprüche machen Flechten fit für den Bewuchs unterschiedlichster Standorte. Zu sehen sind Flechten etwa im Himalaja-Gebirge auf über 5.000 Meter Höhe, in Wüsten, Heidelandschaften oder Permafrostregionen. Als Lebensräume dienen ihnen unter anderem auch verrostetes Metall, Malerfarbe oder Kunststoffe, sie leben auf Kalkstein, Quarz oder Basalt.

Flechten sind entgegen landläufiger Meinung keine Parasiten

Flechten sind entgegen landläufiger Meinung keine Parasiten


Alleine in der Antarktis gibt es rund 200, in Europa sogar es bis zu 2.000 Flechtenarten. Jede von ihnen bildet eine Lebensgemeinschaft aus Algen und Pilzen und geht damit eine Symbiose ein. Auch was die Temperaturräume angeht, scheinen Flechten wahre Meister des Überlebens zu sein. Ohne Probleme überstehen sie Temperaturunterschiede von -47 Grad Celsius bis zu +80 Grad Celsius.

Flechten und Pflanzen brauchen stabile Verhältnisse

Oftmals kann es bei nicht vitalen Pflanzen vorkommen, dass Flechten damit beginnen, alte Bäume zu überwuchern. Damit schwächen sie die Stärke betroffener Bäume, verhindern das Ausbrechen von Knospen. Um das Gleichgewicht wieder herzustellen, sollte den Bäumen mit Verjüngungsschnitten geholfen werden, bei denen alle alten Äste zu entfernen sind. Ein weiterer positiver Schub ist die Versorgung mit Dünger mit dem Ergebnis, den Austrieb der Pflanzen anzuregen und damit ihre Durchsetzungskraft gegenüber den Flechten so weit zu stärken, bis am Ende das gewünschte Gleichgewicht wieder hergestellt werden kann.

Oftmals überwuchern Flechten auch älteres Baummaterial

Oftmals überwuchern Flechten auch älteres Baummaterial

Neue Lebensräume von Flechten

In früheren Zeiten war die Luft mit sehr viel Schwefeldioxid durchsetzt. Etliche Flechtenarten haben auf diesen Stoff extrem reagiert und sich lediglich weit entfernt von Zivilisationen angesiedelt, um dort mit den Pilzen in Symbiose leben zu können. Bevorzugte Lebensräume waren Berge oder einsam gelegene Inseln. Heute werden von Flechten etwa Pappeln, Eschen oder Apfelbäume bevorzugt, um deren Rinden erfolgreich gegen Pilz- und Bakterienbefall zu schützen. Ratsam ist die Entfernung von Flechten hingegen bei alten Obstbäumen, um zum Beispiel die Überwinterung von Schädlingen zu verhindern. Zusammen mit lockeren Borken und Moos lassen sich die Flechten mithilfe einer weichen Bürste entfernen.

Flechten sind Überlebenskünstler

Ihren benötigten Wasserhaushalt können Flechten nicht über ihre Wurzeln regulieren. Ihnen bleibt dazu nur das Aufsaugen von wasserhaltigen Stoffen, ähnlich eines Schwammes. Reicht auch diese Nahrungsaufnahmeart nicht, sind Flechten durch einen fotosynthetischen Prozess in der Lage, in einen inaktiven, leblosen Zustand zu verfallen. Dabei kann ihr Wasserhaushalt auf weniger als zehn Prozent ihres Trockengewichts reduziert werden.

Flechten können echte Überlebenskünstler sein!

Flechten können echte Überlebenskünstler sein!


Besonders in kalten Gebieten ist dieser Vorgang häufig zu beobachten. Der Grund ist einfach zu erklären: Gefrorenes Wasser steht den Flechten in Bezug auf den Stoffwechsel nicht zur Verfügung. Eine Wüstenflechte hat auf diese Weise nachweislich mehr als 40 Jahre überleben können, um lediglich mit Befeuchtung ihre Wiederbelebung in Gang zu setzen.

Ihr neues Leben beginnt dann wieder mit der erneuten Wasseraufnahme von Regen, Tau und Luftfeuchtigkeit im Rhythmus der täglichen Schwankungen, zumeist also am frühen Morgen.

Ein solcher Lebensrhythmus ist ursächlich auch verantwortlich für das extrem langsame Wachstum von Flechten, das pro Jahr nur bis zu wenigen Zehntelmillimetern betragen kann, bei Laubflechten erreicht das Wachstum jährlich etwas weniger als einen Zentimeter. Das stärkste Wachstum erreichen Flechten jedoch in subtropischen Nebelwäldern oder in der Umgebung von Meeresküsten.

veröffentlicht am 29.12.2018